Das vergessene Gefecht der Schweden

Roßlau 1813

(recherchiert, zusammengefasst und aufgezeichnet von Uwe Wild)

(der Text wurde unverändert übernommen)

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Es ist schon viel geschrieben worden über die großen Schlachten der Befreiungskriege. Dabei fällt einem auf, dass die schwedischen Truppen nur geringen, meist gar keinen Anteil an den Gefechten hatten. Dies lag größtenteils darin begründet, dass Kronprinz Carl Johann seine Truppen für den geplanten Feldzug gegen Norwegen sparen wollte. Die Annexion von Norwegen war von Anfang an das Ziel Carl Johanns, doch musste er dies vorerst zurückstellen. 

Wenn man die deutschen Bücher über die Geschichte der Freiheitskriege liest, fällt einem sehr schnell die Kritik an der Führung der Nordarmee unter Carl Johann auf. Dieser versuchte, seine Armee aus allen Kämpfen heraus zu halten. Die Gründe hierfür sind oft diskutiert worden und ich möchte im Einzelnen gar nicht darauf eingehen.

Trotz aller Vorsicht Carl Johanns sind schwedische Truppen jedoch des öfteren während des Feldzuges von 1813 zum Einsatz gekommen. Beginnend mit der Schlacht von Großbeeren, später Dennewitz und Leipzig, das Gefecht von Bornhöved und einige Schusswechsel und kleine Belagerungen nicht zu  vergessen. In diesen Schlachten oder Gefechten kamen jedoch meist nur einzelne schwedische Regimenter, meist die Artillerie oder die Husaren zum Einsatz.

Ich möchte jedoch in diesem Artikel über das Gefecht von Roßlau berichten. Hier war mehr als eine komplette schwedische Brigade in Kampfhandlungen gegen die Franzosen verwickelt.

Nach der Schlacht von Dennewitz zogen sich die drei Armeekorps von Marschall Ney (IV., VII. und XII. Korps) auf das linke Elbufer zurück um sich neu zu ordnen. Ney meldete an Napoleon, dass er eine Stellung zwischen der Elbe und der Mulde einnehmen werde, um eventuelle Verstärkungen abzuwarten, da er nicht im Stande war, es mit der weit stärkeren Nordarmee aufzunehmen.  Am 10. September erhielt er die Anweisung des Kaisers, sich bei Torgau zu sammeln. Aus diesem Grund zog sich die Armee wieder näher an die Elbe heran. Ney befürchtete, dass bereits ein Elbübergang der Verbündeten stattgefunden hatte. Hier waren Gerüchte über einen Übergang der Preußen bei Coswig im Umlauf. Jedoch hatten lediglich einige Streifkorps, hauptsächlich Kosaken, die Elbe überschritten und bedrohten nun die rückwärtigen Verbindungen der Franzosen.

Der Marschall wurde jetzt von Napoleon über den wahren Sachverhalt aufgeklärt und erhielt gleichzeitig die Anweisung, sich bereit zu halten, da der Kaiser eine Offensive gegen die Nordarmee plane. Ney brachte wieder sein Anliegen in Bezug auf Verstärkungen vor und außer einigem planlosen Hin- und Hermarschieren passierte weiter nichts.

In dieser Zeit erfolgte die Umformung der Armee Neys. Das XII. Korps wurde aufgelöst, die Truppen den beiden anderen Korps einverleibt. Die bayerischen Truppen wurden in Richtung Dresden in Marsch gesetzt um die Hauptarmee zu verstärken. 

In dieser Zeit der Ruhe rückten die Verbündeten näher an die Elbe heran, bei Elster, Roßlau und Aken wurden Brücken über den Fluss geschlagen. Bereits am 16. September wurden 100 Schweden über die Elbe gesetzt und rückten auf Dessau vor. Dort fanden sie bereits Kosaken vor. Am selben Tag rückte eine Einheit von ca. 1000 Mann verschiedener schwedischer Einheiten, darunter 200 Värmland-Jäger zur Erkundung der feindlichen Stellungen aus. Diese waren eine Woche lang als Vorposten unterwegs und gerieten am Ende dieses Zeitraumes während eines nächtlichen Vorstoßes auf Wittenberg unter Beschuss und mussten sich zurückziehen. Bei dem anschließenden Rückzugsgefecht, in welchem die Värmland-Jäger die Nachhut stellten, verloren dieselben drei Tote und 40 Verwundete. Sie gingen daraufhin nach Roßlau zurück.

Am 19. folgten 500 Mann um die Deckung gegen den Wittenberger Brückenkopf zu übernehmen. Unter diesem Schutz begann am 17. September der Bau der Brücke und der Brückenschanze bei Roßlau . Die notwendigen Boote hierzu wurden dem verantwortlichen  schwedischen Offizier, Ingenieur-General Franc Sparre übertragen. Eine Einheit von der schwedischen Marine abgestellter Pontonniers errichtete die Bootsbrücke. 

Was die Brückenschanze betrifft, so konnten die Schweden hier auf alte Befestigungen aus der Zeit des 30-jährigen Krieges zurückgreifen. Diese waren zwar schon verfallen und viel Material zum Hausbau von den Bewohnern abgeholt worden, doch stellten sie noch immer ein Bollwerk dar, dass zur Verteidigung geeignet war.

Am 21.September erhielt Ney folgende Anweisung Napoleons:

„ Man muß Dessau sofort stark besetzen um das Flußufer gut zu bewachen. Das wirksamste Mittel um den Feind am Überschreiten der Elbe bei Dessau zu hindern ist, dass man die Armee bei Wittenberg zusammenzieht.“

Überhaupt war Wittenberg als Festung ein wichtiger Punkt in der französischen Linie.

Am 22. September gingen die Kosaken-Brigaden Prendell und Staal bei Roßlau über die Elbe und dann auf beiden Ufern der Mulde aufwärts. Hierbei traf das 1. Bug-Regiment auf die Kavallerie von Dombrowski und Defrance und es kam zu einem für die Kosaken verlustreichen Gefecht. Die Gegner zogen sich daraufhin zurück  Hinter den Kosaken rückte die Brigade Schulzenheim als Vorhut sowie ein Trupp Mörner-Husaren und eine Batterie in Dessau ein.

Gleichzeitig wurde ein erweiteter Brückenkopf auf beiden Seiten der Mulde erstellt. Ein Teil des Werkes wurde auf der Straße von Roßlau nach Dessau am Ufer der Mulde, ein zweiter zwischen Mulde und Elbe weiter östlich angelegt. Die Anweisung Carl Johanns war (wie immer) sich im Falle eines Angriffes auf diesen Brückenkopf zurück zu ziehen.

In der Nacht vom 22. auf den 23. September erhielt Ney von Napoleon die Anweisung, den Brückenkopf zu bedrohen um ein Übersetzen der Nordarmee und damit verbunden einen Vormarsch auf Leipzig zu verhindern. Hierbei durfte er sich jedoch nicht von Wittenberg abschneiden lassen. Auch wurde ihm jetzt das III. Armeekorps als Verstärkung in Aussicht gestellt.

Am 24. kam es dann zu einem Gefecht bei Wartenburg, welches Ney in Aufregung versetzte und zu unnötigen Märschen seiner Truppen veranlasste. Das Ergebnis war, dass das IV Korps bei Wartenburg stehen blieb, um einen eventuellen Elb-Übergang (der eine Woche später dann tatsächlich erfolgte) abzuwehren. Das VII Korps General Reyniers wurde wieder zurück nach Dessau geschoben. Am 26. setze sich Reynier in drei Kolonnen auf Dessau in Marsch. Die mittlere Kolonne, 13. Division Guilleminot und Kavallerie Fournier, stieß mit ihren Vortruppen auf die Kosaken-Brigade Staal, welche sie, verstärkt durch drei Bataillone und 200 Chasseurs à Cheval, nach härterem Kampf auf eine schwedische Einheit zurückwarf. Nach einem kurzen Gefecht mit den Schweden in einem dichten Waldgebiet zogen sich die Franzosen zurück. Die Kosaken hatten 30-40 Mann verloren, die Schweden 5 tote und etwa 40 verwundete. Eine vierköpfige schwedische Husaren-Patrouille wurde von Oberst Ritterstolpe vorgeschickt, um zu erkunden, wie stark die französische Einheit war. Diese Husaren wurden jedoch von den französischen  Posten entdeckt und mit Ausnahme des Offiziers gefangen oder erschossen.

Seit dem 25. September standen somit erstmalig schwedische Truppen in vorderster Linie, wo sich die Möglichkeit bot, in schwerere Kamphandlungen verwickelt zu werden. Man kann sich die Unruhe Carl Johanns sicher vorstellen!

Diese Unruhe wurde auch gefördert, nachdem am 26. drei Schüsse der schwedischen Alarmbatterie, gefolgt von Alarmsignalen schwedischer Jägerhörner  zu hören waren. Es wurde gemeldet, dass eine größere französische Abteilung auf den Marsch ins benachbarte Oranienbaum gesehen worden war. Sofort wurden die Jägerkompanien zur Unterstützung der Beobachtungsposten vorgeschoben. Am Ufer der Mulde auf der Straße nach Dessau war ein Bataillon der Leib-Grenadiere auf Vorposten. Diese wurde von einer Einheit der Franzosenangegriffen. In diesem Moment kamen die Jäger zur Verstärkung und der Schusswechsel wurde von den Franzosen abgebrochen. Die Grenadiere hatten einen Toten in diesem Feuerwechsel. Mann kann hier nicht von einem Gefecht sprechen, da es sich lediglich um eine kleinere Aufklärungstruppe der Franzosen handelte, die einige Schüsse mit den Schweden wechselte. Die Schweden wurden jedoch von den Einwohner Jonitz’s (damals noch ein kleines Dorf mit etwa 500 Einwohnern, jetzt ein Stadtteil von Dessau)  als Ihre Retter umjubelt. Damit hatte es aber nicht viel auf sich, denn am nächsten Tag zogen die Schweden ab und überließen den Ort den vorrückenden Franzosen.      

Als dann am 27. September eine französische Aufklärung vorsichtig gegen Dessau vorging, verließen die Schweden das südliche Elbufer. Die Brigade Schulzenheim ging schon vor dem Auftauchen des Feindes hinter die Elbe zurück, so dass selbst die eigenen Grenadiere anfingen, spöttische Bemerkungen zu machen. Um 14.00 Uhr räumten auch die Vorposten die Stadt. Erst eine Stunde später erschienen die Franzosen an der Mulde, ohne überhaupt vorher Dessau betreten zu haben. Zwei Voltigeur-Kompanien besetzten später mehrere Häuser in Dessau in der Nähe der Brücke. Mit Einbruch der Dunkelheit schlich sich dann ein Trupp Kosaken nach Dessau und blieb über Nacht in der Stadt.

Als Carl Johann später erfuhr, dass Kosaken in Dessau übernachten, war er überrascht. Er hatte die Vermutung, dass sich die Franzosen nicht in Dessau festsetzen wollten und vielmehr einen Rechtsschwenk in Richtung Wartenburg vorhatten, um das Korps Bülow anzugreifen. Aus diesem Grund gab er die Anweisung aus:

„Wenn die Gewissheit besteht, dass Dessau wirklich vom Feind frei ist, soll eine Abteilung unter Oberst Björnstjerna wieder dort einrücken“.

Ney wiederum hatte Informationen vom Rückzug der Schweden erhalten, so dass er wie im Gefecht bei Wartenburg den Gegner auf seinen Brückenkopf zurück drängen wollte. Da er den Kronprinzen kannte, ging er von einem sofortigen Rückzug der schwedischen Truppen aus. Die erste Brigade Gruyer der 13. Division erhielt somit den Auftrag, zusammen mit leichter Kavallerie die Schweden zurück zu werfen.

Am 28. September morgens begannen die beiden Voltigeur-Kompanien in Dessau sich mit den Kosaken herum zu schießen. Bald gewannen sie die Oberhand und die Russen zogen sich zurück. Jetzt gingen die Schweden mit einem Bataillon Elfsborg sowie 50 Mörner-Husaren und den Kosaken wieder vor und drangen in Dessau ein. Die Voltigeure wurden zurückgedrängt und es kam zu einem stehenden Feuergefecht, bis nach einer halben Stunde ein Bataillon der Brigade Gruyer einrückte und die Schweden durch eine Umfassung aus der Stadt warf. Sofort richteten die Franzosen sich zur Verteidigung ein. Die Schweden verloren in den Straßenkämpfen fünf Mann tot und 24 verwundet. Die restlichen Bataillone der Brigade Gruyer rückten am Mittag nach und verstärkten die Besatzung Dessaus.

Jetzt erfolgte ein weiterer schwedischer Angriff gegen die Stadt. Oberst Björnstjerna rückte mit drei Bataillonen Infanterie einer Schwadron Mörner-Husaren und zwei Geschützen des Wendischen Artillerieregimentes vor. Die Artillerie beschoss aus einer Entfernung von 1000 Metern die Stadt, die Jäger gingen zum Angriff vor und vertrieben die Franzosen aus verschiedenen Vorgärten und einer alten Ziegelei vor der Stadt. Danach versuchten sie, durch das durch das nördliche Tor in die Stadt einzudringen. Mit Hilfe von Brechstangen und Äxten wollten sie das Stadttor öffnen. Dann jedoch gab Oberst Björnstjerna, die Nutzlosigkeit des Aufbrechens des Stadttores einsehend, den Befehl zum Rückzug auf den Brückenkopf. Die Schweden hatten sich bereits 50  Meter von den Stadtmauern zurückgezogen, als die Tore von den Franzosen geöffnet wurden und diese mit drei Geschützen auf die zurückweichenden Schweden mit Kartätschen feuerten. Daraufhin befahl Oberst Björnstjerna nochmals den Angriff auf das Tor, die vorgerückten Franzosen gingen wieder zurück und der Angriff wurde eingestellt. Die Version in der Regimentsgeschichte des Elfsborg-Regiments stellt den Kampf vor dem Tor noch drastischer dar:

„Es ist nicht sicher, ob das Tor durch diese Anstrengungen geöffnet wurde oder durch die französischen Soldaten im Inneren. Das Tor flog auf und dahinter standen drei französische Geschütze, die sofort ein Kartätschenfeuer eröffneten. Auf beiden Seiten des Weges vor dem Tor waren Hecken, so dass sich die Schweden nicht in Deckung gehen konnten und sich in der Feuerlinie zurückziehen mussten“

Das war um 15.00 Uhr. Der Verlust der Schweden betrug 2 Offiziere und 72 Mann, hauptsächlich der Regimenter Elfsborg und Königin (Drottningens Lifregimente). Oberst Björnstjerna wurden drei Pferde unterm Hintern weggeschossen...

Eine Stunde später gingen mehrere Bataillone Gruyers und etwas Kavallerie zur aggressiven Aufklärung gegen die Mulde vor. Es kam zum Gefecht mit dem schwedischen Vorposten-Bataillon des Regiments Westgöta unter Oberst Adlercreutz. Die Schweden behaupteten sich am  südlichen Arm der Mulde, machten einen Gegenangriff über die Brücke und trieben die Franzosen in die Stadt zurück.

Später am Abend wurde noch ein Trupp von vier Smaland-Dragonern zur Aufklärung vorgeschickt. Drei derselben wurden in einem Schusswechsel mit französischer Infanterie verwundet.

Nachdem sich Ney am Abend durch persönliche Aufklärung von der Lage des Brückenkopfes überzeugt und dabei erkannt hatte, dass dieser in der Front zu stark war, beschloss er für den 29. September den Angriff auf der linken Seite der schwedischen Stellung.

Die Schanzarbeiten der Schweden waren in der Zwischenzeit zum Abschluss gekommen.  Das Werk an der Straße nach Dessau am nördlichen Muldearm und eine etwa 700 Meter lange Verschanzung mit Blick nach Osten zwischen Mulde und Elbe boten nun Schutz gegen die französischen Angriffe. Durch die letztere wurde die Halbinsel zwischen Elbe und Mulde abgeschlossen. Da das nördliche Elbufer höher war, lag die ganze Halbinsel im   Feuerbereich der dort stationierten schwedische Artillerie. Die Besatzung des Brückenkopfes bestand aus der  4. schwedischen Brigade sowie dem Regiment Westgöta der 3. Brigade.

Im Osten, etwa 2 ½ Kilometer vor der Verschanzung standen 142 Mann vom Regiment  Elfsborg, die zusammengezogenen Jägerkompanien  (etwa 270 Mann),  sowie 52 leichte Dragoner vom Regiment Småland. An der Straße nach Dessau im Süden war noch ein Bataillon des Regiments Westgöta auf Vorposten. Das restliche schwedische Korps lag am nördlichen Ufer der Elbe bei Roßlau. Hinter den Schanzen am nördlichen Ufer standen zwei russische Batterien sowie 20 Geschütze der Reserve-Batterie des Wendischen Artillerie-Regiments. Unterhalb der Schanzen auf  beiden Seiten der neu gebildeten Schiffsbrücke waren Batterien des Svea Artillerie-Regiments aufgefahren.

Um 5.30 Uhr stießen die Vorposten der Schweden, welche zur Erkundung ausgesandt waren, auf die vorrückenden Franzosen, die mit drei Bataillonen auf den Brückenkopf vorrückten. Die Brigade Gruyer begann mit Unterstützung durch das 2. Husaren-Regiment um 7.30 Uhr morgens, nach längerer Einleitung durch die Artillerie  das Gefecht mit den schwedischen Vorposten östlich des Brückenkopfes. Diese leisteten längere Zeit Widerstand, bevor sie hinter die Schanzen zurückgedrängt wurden. In der Zwischenzeit nahm das Artilleriefeuer auf den Brückenkopf und die Brücke über die Elbe selbst zu. Auch wurden die Artilleristen von französischen Tirailleurs beschossen. Die französischen Einheiten, bis dahin meist noch im Schutz der Bäume traten auf die freie Ebene und gingen gegen den Brückenkopf vor. Entgegen dem Befehl des Kronprinzen, sich auf keine Kampfhandlungen einzulassen, befahl General Sandels den Angriff. Ein Bataillon Skaraborg zusammen mit dem Jägerdetachement  rückten aus dem Brückenkopf vor und bildeten eine Linienformation vor demselben. Es begann ein lebhaftes Feuergefecht, in welchem sich die Franzosen in ein Waldstück, etwa 1500 Meter östlich des Brückenkopfes zurückzogen. Für die ungedeckt im freien stehenden schwedischen Soldaten war es ein furchtbares Erlebnis zu sehen, wie überall um sie herum ihre Kameraden fielen. Das Feuergefecht wurde so stark, dass einige Schweden ihre Musketen aufgrund der Hitze des Metalls nicht mehr anfassen konnten und die Munition ausging. Ein zweites Bataillon Skaraborg wurde zur Unterstützung beordert und verlängerte die Linie des ersten Bataillons. Um nicht länger dem Feuer der Angreifer ausgesetzt zu sein rückten die schwedischen Bataillone, unterstützt durch das dritte Bataillon Skaraborg nach und trieben die Franzosen weit in den Wald hinein.

Hier kam es zum Nahkampf mit dem Bajonett. Ein Skaraborger erzählt die Geschichte, dass er am Morgen des Kampfes noch beschäftigt war, sich neue Holzsohlen für seine Schuhe zu schnitzen. Beim Schlag der Alarmtrommeln steckte er sich die halbfertigen Sohlen unters Hemd – dies rettete ihm jetzt das Leben. Im Waldkampf stürzte sich ein Voltigeur auf ihn und stach ihm das Bajonett in die Brust. Dieses blieb in den Holzsohlen stecken. Der Schwede wurde zurückgeworfen und gleich wieder nach vorne gerissen, als der Franzosen das Bajonett aus dem Körper ziehen wollte. Jetzt packte der Schwede den Lauf der Muskete und es kam zum Gerangel um die Waffe. Der Voltigeur wurde dann von einem Kameraden des Schweden niedergestochen. Jetzt versteifte sich jedoch der Widerstand der Franzosen, diese machten Front, gingen zum Gegenangriff über und drängten die Schweden aus dem Wald. Gleichzeitig fuhr am südlichen Ufer der Mulde französische Artillerie in Höhe der schwedischen Bataillone auf und feuerte über den Fluss genau in die Flanke dieser zurückgehenden Einheiten. Sandels hatte in der Zwischenzeit ein  Bataillon Elfsborg herangezogen. Durch den Artilleriebeschuss erlitten die Schweden schwere Verluste und mussten sich unter dem Schutz ihrer eigenen Artillerie auf die Verschanzungen zurückziehen. Das Feuer dauerte noch einige Stunden und schlief schließlich gegen 13.00 Uhr ein.

Der lange Widerstand der schwächeren schwedischen Truppen, die übrigens auf einer freien Fläche gegen zum Teil in den Wäldern am Mulderand  verschanzten Franzosen kämpften, lässt sich durch die eigene Artillerieunterstützung erklären, welche sie vom nördlichen Elbeufer erhielten. Die Verluste der Schweden betrugen 15 Offiziere und 277 Mann.  Die Verluste der Franzosen dürften nicht einmal die Hälfte betragen haben. Interessant ist hierzu auch das Grab eines Leutnants Celsing der schwedischen Leibgarde zu Pferd auf dem Friedhof in Zerbst. Dieser Offizier ist am 08.10.1813 seinen Verwundungen erlegen. (siehe Bilder unten) Verschiedene Offiziere und Reiter der Leibgarde wurden zur Bedeckung des Generalstabes und zu Meldereitern eingesetzt. Vermutlich ist er bei dem Gefecht um Roßlau verwundet worden.   

Da Ney davor zurückschreckte, den starken Brückenkopf anzugreifen, wurde dieser regelrecht belagert. Zum Schutz vor dem schwedischen Artilleriefeuer wurden kleinere Werke und Laufgräben angelegt. Er hatte geplant, sich so langsam an den Brückenkopf heranzuarbeiten (was auch geschah) und später eine Schiffsbrücke außerhalb der Schussweite der Schweden über die Mulde zu bauen, damit im Falle eines Falles seine Truppen schnellstmöglichst ans nördliche Ufer gelangen können. Das ganze sollte jedoch nur eine Blockade werden, Ney wollte sich danach den diversen Streifkorps zuwenden, die in seinem Rücken operierten.

Durch den Elbübergang der Verbündeten am 03. Oktober bei Wartenburg war diese ganze Strategie jedoch überholt und die Franzosen mussten sich zurückziehen.

So endet ein bisher weitgehend ignoriertes Kapitel aus den Befreiungskriegen. Aufgrund der Unbeliebtheit des schwedischen Kronprinzen wird der Anteil der Schweden in den Gefechten und Schlachten des Feldzuges 1813 in der deutschen Literatur oft unter den Teppich gekehrt. Man sollte jedoch nicht die Politik Carl Johanns und den Einsatzwillen seiner Truppen mit den gleichen Maßstäben messen. In dem Gefecht bei Roßlau zeigt sich eindeutig der Wille der schwedischen Soldaten, nicht hinter ihren preußischen und russischen Kameraden zurückzustehen. In diesem Gefecht konnten sie das auch einmal beweisen.

An dieser Stelle möchte ich meinen herzlichen Dank bei den Personen aussprechen, die mich bei meinen Recherchen unterstützt haben, Herrn Alfred Umhey – Lampertheim für die Durchsicht und Ergänzung des Manuskriptes, Herrn Klemens Koschig und Herrn Wolfgang Sefzik aus Roßlau für die zur Verfügung gestellten Unterlagen. Mein besonderer Dank gilt Herrn Björn Bergerus - Stockholm, der in unermüdlicher Arbeit die schwedischen Quellen für mich durchsucht hat.

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Quellen:

 

Quistorp – Die Geschichte der Nordarmee

Sporschil – Der Feldzug von 1813

Hundert – Anhalt im Jahre 1813

Sintenis – Die Chronik von Zerbst

Fricke – diverse Arbeiten zur schwedischen Armee

Schwedisches Armeemuseum – Between the imperial eagles 1998

Martinien - "Tableaux des Officiers tués et blessés 1805-15, EME Pais o.J.

Kungl. Lifgardet till Häst – regementets historia i kort sammanfattning. Stockholm 1914

Gustav Lagerhjelm - Napoleon och Carl Johann under Kriget I Tyskland 1813, Stockholm 1891

Christoffer Barnekow-  dgboksanteckningar under fälttagen 1806 och 1813-14

Wendes regemente 1813, Stockholm 1913

Max Schürer von Waldheim - Skanska kavalleriregmentet 1658-1928, Stockholm 1928 

Torgny Bondestam – Küngl Älvsborg Regemente 1624-1974 – Stockholm 1974

S.F. Siösten – Minnen fran Tyska Fälttaget 1813, Stockholm 1888

Gustaf Thorsander – Skaraborgs regemente in Tyskland 1805-08 och 1813-14, Skövde 1913

Carl Joh. Ljunggren – Minnes-anteckningar under 1813 och 1814, Stockholm 1855

Johann Axel Kindberg – Anteckningar om Värmlands fältjägare - 1918

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